Resolution “Angemessene migrantische Repräsentation auf allen SP-Wahllisten”

Resolution, verabschiedet am Parteitag der SP Kanton Bern vom 18. Juni 2022 in Biel:

Die SP zeichnet sich durch eine sehr breite Basis aus und ist damit das politische Zuhause für eine Vielfalt von Menschen. Nicht zuletzt dank diesem Umstand kann sich die Partei sehr unterschiedlichen Gerechtigkeitsforderungen annehmen und spricht damit eine diverse Bevölkerung an. Gerade deshalb ist die SP in der migrantischen Bevölkerung nach wie vor beliebt und viele Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund sind in den letzten Jahren Parteimitglied geworden. Dieser erfreuliche Trend bildet sich trotzdem noch zu wenig innerhalb der Parteistrukturen ab.

Die Untervertretung in Entscheidungspositionen und auf den Wahllisten ist aus unterschiedlichen Gründen kritisch zu bewerten. Zum einen verpasst es unsere Partei, das volle Potenzial der Basis zu nutzen. Damit entgeht uns eine nicht zu unterschätzende Mobilisierungskraft. Zum anderen hat sich innerhalb der Parteistrukturen das Bewusstsein noch nicht durchgesetzt, dass es selbst in einem offenen Umfeld wie der SP unsichtbare Barrieren geben kann.

Das System der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie überträgt die Verantwortung für die Vertretung der Bevölkerung den Parteien. In der Vergangenheit verstand es unsere Partei, diese Verantwortung selbstbewusst wahrzunehmen. Durch den strategischen Einsatz einer separaten Liste für Frauen hat die SP massgeblich dazu beigetragen, den Frauenanteil im Parlament zu erhöhen. So wie es sich die SP zur Aufgabe gemacht hat, Frauen und Männern auf ihren Wahllisten gleiche Chancen zu geben, muss es jetzt endlich zur Selbstverständlichkeit werden, dass auch Migrantinnen und Migranten auf den Wahllisten so vertreten sind, dass sie echte Wahlchancen haben.

Es ist uns, den Vertreterinnen und Vertretern der SP Migrant:innen bewusst, dass die Kategorie «Migrationshintergrund» ambivalent und in der gesellschaftlichen Dynamik stark von Fremdzuschreibungen geprägt ist. Die SP Migrant:innen verstehen sich daher auch als Gefäss für Parteimitglieder, die sich zu Migration als persönlichen aber auch als politischen Referenzpunkt beziehen. Jedem Parteimitglied ist es sein gutes Recht, sich individuell zu seiner eigenen oder familiären Migrationsgeschichte zu bekennen.

Als Partei aber begeht die SP einen strategischen Fehler, das Thema Migration nicht auch ins Zentrum zu rücken. Das Migrationsregime in der Schweiz wird seit mehreren Jahrzehnten immer wieder verschärft und ist der Kristallisationspunkt vieler Stellvertreterdebatten unter der Schirmherrschaft rechtspopulistischer Kräfte. Indessen bleibt ein Viertel der Bevölkerung permanent vom Wahlrecht ausgeschlossen und Einbürgerungsprozesse unterwerfen die Antragstellenden demütigenden Bedingungen. Dies hat rechtliche, wie auch soziale, wirtschaftliche und kulturelle Spaltungen zur Folge, welche die SP sehr ernst nehmen sollte. Nun geht es darum, der migrantischen Vielfalt in der Partei durch gezielte Strategien und Massnahmen gerecht zu werden. Wir fordern die Parteileitung auf, die Ziele der SP Migrant:innen Bern mitzutragen und der Migrationsbevölkerung in der kommenden Wahlkampagne eine starke Stimme zu verleihen. Zudem sollen die Wahllisten so gestaltet werden, dass die Migrationsbevölkerung auf diesen angemessen vertreten ist.

Unsere Forderungen sind:

1. Die Parteileitung koordiniert mit den Sektionen und Regionalverbänden, dass die Migrationsbevölkerung auf den Wahllisten für die Nationalratswahlen möglichst gut und damit mit echten Wahlchancen vertreten ist.

2. Die Parteileitung sorgt dafür, dass zentrale Anliegen der Migrationsbevölkerung Teil des Wahlkampfes werden. Namentlich soll sich die SP für Chancengleichheit in der Bildung, für eine rasche und leichte Einbürgerung, für ein Stimmrecht für alle und gegen die heutige Verknüpfung von Sozialhilfe und Ausländerrecht einsetzen.

3. Die Parteileitung wird daran erinnert, die bereits beauftragte Diversitätsstrategie zu erarbeiten. Diese schliesst ein Konzept für ein Förder- und Bildungsprogramm mit ein, um geeignete Kandidierende aus der Migrationsbevölkerung zu begleiten und zu fördern – für die Wahlen 2023 und darüber hinaus.

4. Die SP Kanton Bern unterstützt diese Ziele der SP Migrant:innen Kanton Bern proaktiv und verleiht der Migrationsbevölkerung in der Wahlkampagne eine starke Stimme. Ausserdem soll die SP die Verankerung und den Aufbau von Gruppen und Sektionen der SP Migrant:innen in Städten und Kommunen, in denen die SP Migrant:innen noch nicht vertreten ist, vereinfachen und fördern.

Dem Parteitag vom 18. Juni 2022 vorgelegt von Leyla Güzel, Co-Präsidentin und Delegierte der SP Migrant:innen Kanton Bern

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